HX Hurtigruten Expeditions Emocean-Reisebericht & Erfahrungen


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Mit meiner Tochter Lina zum ersten Mal ins ewige Eis.

Eine Reise an Bord der MS Fridtjof Nansen mit HX Expeditions, 06.–19. März 2025

 

Wenn man viele Seemeilen auf den Ozeanen dieser Welt gesammelt hat - in der Karibik, entlang der Küsten Amerikas, durch Südostasien, das Mittelmeer oder die Fjorde Norwegens –, dann glaubt man, man wisse, wie sich Weite anfühlt. Wie sich Wind anfühlt. Und wie sich Stille anhört. Doch dann kommt die Antarktis und alles ist anders. Sie nimmt Maß an nichts Bekanntem. Karg, beeindruckend, erbarmungslos schön. Keine Farbenflut wie in der Südsee, kein tropisches Grün wie in Asien, sondern ein Kontinent aus Licht, Eis und Bewegung.

Ich hatte mich vorbereitet. Technisch. Geistig. Aber nichts hätte mich vorbereiten können auf das, was es bedeutet, diesen Ort mit meiner achtjährigen Tochter zu betreten. Lina. Neugierig, lebhaft, klug und zum ersten Mal wirklich weit weg von allem Vertrauten. Es war unsere erste große Reise zu zweit. Und eine, die uns mehr gegeben hat, als ich je hätte planen können.

 

„Der Sound der Antarktis hat mich zutiefst bewegt.“ Ein Satz, der vielleicht am besten beschreibt, was mich in den folgenden Tagen erwarten sollte und was selbst die schönsten Fotos nur erahnen lassen.

 

Mit diesem Bericht möchte ich Ihnen einen Einblick geben in das, was ich dort erlebt habe. Und so beginnt sie, unsere gemeinsame Reise in eine Welt aus Stille, Eis und Licht.

Ihr Timo Clarén


Die Anreise: Von der Grundschule in den Sommer

Donnerstag, 06.03. - Freitag, 07.03.2025 

Donnerstagnachmittag, Schulranzen zu, Koffer auf. Der Übergang vom Alltag zum Abenteuer. Berlin – Frankfurt – Buenos Aires. Der Flug ist lang, Wir überqueren mehrere Zeitzonen und kommen der Antarktis Stunde für Stunde näher. Lina schlägt sich tapfer. „Sind wir jetzt schon in der Antarktis?“, fragt sie mich beim Anflug auf Buenos Aires. Noch nicht, aber fast.

Unser Hotel liegt zentral. Es ist heiß, über 30 Grad. Auf dem Weg vom Flughafen ins Zentrum rauscht das sommerliche Buenos Aires an uns vorbei: Kolonialbauten, Platanenalleen, hupende Busse, Tangomusik am Straßenrand. Im Pool des Hotels dann ein erster Kontrastmoment: Während Lina lachend taucht, denke ich daran, dass wir in wenigen Tagen Gummistiefel, Schwimmwesten und Thermojacken tragen werden. Der Temperaturunterschied von über 40 Grad zwischen Abflug und Ziel wirkt wie eine surreale Vorschau auf das, was uns erwartet. Lina zieht mich in den Pool, energisch. Ich gebe mich geschlagen. Der erste Moment auf dieser Reise, in dem ich wirklich loslasse.



Ushuaia: Das Tor in eine andere Welt

Samstag, 08.03.2025

Früh um 4 Uhr fährt uns ein Bus zum Flughafen. Der Sonderflug nach Ushuaia dauert nur knapp drei Stunden. Schon beim Anflug öffnet sich ein grandioses Panorama: Schneebedeckte Bergketten, dichte Wälder, und dazwischen immer wieder blaue Gletscherzungen.

Ushuaia liegt eingebettet zwischen den Martial-Bergen und dem Beagle-Kanal. 

Der Aussichtspunkt "Mirador del Valle Carbajal" öffnet ein Fenster in die geologische Geschichte Patagoniens. Gletschertäler, Torfböden und Biberdämme. Jede Linie im Relief der Umgebung erzählt von Formkräften, die über Jahrtausende gewirkt haben. Die kanadischen Biber wurden in den 1940er Jahren eingeführt und haben seither ganze Landstriche verändert. Die Landschaft erscheint auf den ersten Blick wildromantisch, doch das fragile Gleichgewicht wird erst auf den zweiten Blick sichtbar. Und doch gerade in dieser rauen, sich ständig verändernden Umgebung liegt eine stille Faszination. Patagonien empfängt uns nicht mit Postkartenidylle, sondern mit Charakter. Und genau das macht diesen Ort zu einem eindrucksvollen Auftakt unserer Reise.

Endlich an Bord der MS Fridtjof Nansen. Das Einschiffen verläuft reibungslos. Die MS Fridtjof Nansen, benannt nach dem norwegischen Polarforscher, ist eines der modernsten Expeditionsschiffe der Welt. Die Reederei HX Hurtigruten Expeditions setzt hier auf Nachhaltigkeit: Der Hybridantrieb reduziert Emissionen deutlich, das Design ist energieeffizient, und an Bord wird so konsequent auf Plastik verzichtet wie auf unnötigen Schnickschnack. Der Stil ist skandinavisch-minimalistisch, hell, funktional und hochwertig.

 

Unsere Expedition Suite mit Balkon liegt weit oben. Von hier werden wir in den kommenden Tagen unzählige Eisberge und Wale sehen. Das Bett ist bequem, die Staumöglichkeiten großzügig, das Bad erstaunlich geräumig. Der Blick geht direkt hinaus aufs offene Meer.

Wir starten unseren ersten Rundgang und Lina entdeckt sofort ihr Revier: das kleine Klettergerüst und die Barren auf Deck 10. Ich finde mein erstes Highlight im Wissenschaftszentrum. Dort kann man unter dem Mikroskop antarktisches Plankton betrachten, Knochen von Robben und Pinguinen in die Hand nehmen, an Touchscreens Gletscherbewegungen simulieren oder mit dem Expeditionsteam ins Gespräch kommen. Besonders spannend: HX beteiligt sich aktiv an "Citizen Science"-Projekten. Gäste können bei der Datenerhebung mithelfen, etwa zur Planktondichte oder Walbeobachtung.

Die Übergabe der Expeditionsjacken, wind- und wasserdicht, mit ausklappbarer Kapuze, hat fast etwas Zeremonielles. Es ist soweit: Jetzt beginnt das Abenteuer wirklich. Jetzt sind wir ein Teil der Expedition.



Die Drake Passage: Zwei Tage Richtung Grenze

Sonntag, 09.03.2025

Die Drake Passage trennt Südamerika von der Antarktischen Halbinsel. Über 1.000 Kilometer offenes Meer. Unberechenbar, oft stürmisch, immer respekteinflößend. Diese Passage gilt als das wildeste Meer der Welt. Hier treffen der Pazifik, der Atlantik und das Südpolarmeer in einem eiskalten Reigen aufeinander. Die Natur setzt hier Bedingungen und HX begegnet ihnen mit Erfahrung und Struktur. Alle Passagiere werden täglich über Wetter, Kurs und Sicherheitsprotokolle informiert. Besonders angenehm: Alle Vorträge werden simultan übersetzt. So kann man auch mit Kind an der Seite oder in mehreren Sprachen an Bord mühelos folgen.

Während draußen der Wind pfeift und die Wellen sich türmen, finde ich mich mit einem heißen Tee in der Explorer Lounge wieder. Ich lese über Shackletons „Endurance“-Expedition – eine der berühmtesten Antarktisreisen der Geschichte, geprägt von extremer Härte, Mut und dem Überleben in einer der unwirtlichsten Regionen der Erde – und frage mich, wie man das in offener See, auf einem Holzschiff, bei Minusgraden überstanden hat. Neben mir liegt Lina zusammengerollt auf einem der Sofas, eine Reisetablette wirkt langsam. Die Crew ist aufmerksam, bringt ihr stilles Wasser, fragt mehrmals nach, zugewandt, als sei jedes Kind hier genauso wichtig wie jede Karte oder jeder Vortrag. Schon ab dem ersten Tag kannten viele Linas Namen und begrüßten sie mit Shake Hands. Der Kaptain lässt sich blicken, spricht mit Gästen, drückt Hände, nickt Lina freundlich zu. Es sind diese Momente, in denen man spürt: Wir sind hier nicht einfach Gäste. Wir sind willkommen.

 

Trotz Seegang, Müdigkeit und Windböen haben wir es beide überstanden. Für Lina ist es ein erstes Erlebnis mit echtem Seegang. Für mich ein Moment der Demut und ein stiller Respekt vor allen, die vor uns hier durch mussten.


Eisberge voraus

Montag, 10.03.2025

Die Temperatur sinkt, das Licht ändert sich. Grau wird zu Blau, Blau zu Eisweiß. Die ersten Tafeleisberge tauchen auf wie schwebende Monolithe. Einige von ihnen sind mehrere Kilometer lang, abgebrochen von Gletschern des antarktischen Inlandeises, treiben sie nun, jahrhundertealt, mit kaum wahrnehmbarer Bewegung durch das Südpolarmeer. Manche zeigen leuchtend blaue Schichten: Überreste jahrzehntealten, unter hohem Druck gefrorenen Schnees, andere sind von tiefen Rissen durchzogen, als hätten sich die Jahrzehnte in ihre Struktur eingeschrieben.

Ich erkläre Lina, dass ein Großteil dieser Kolosse unter Wasser liegt, bis zu 90 Prozent. Sie blickt ehrfürchtig auf die sich nähernden Eisriesen. „Wie aus einer anderen Zeit“, sagt sie. Ich kann ihr nur zustimmen. Das Licht spielt in Regenbogennuancen über die Oberflächen, als wollte es uns zeigen, wie lebendig selbst das Eis hier ist. Und da ist sie, diese klare, trockene, fast greifbar saubere Luft. Antarktisluft. Während das Schiff langsam weiterfährt, spüre ich das erste Mal, wie wir die Grenze übertreten. Hinein in eine andere Welt.


Planeau Island: Garten der Eisberge

Dienstag, 11.03.2025

Planeau Island wird oft übersehen. Zu Unrecht. Diese kleine, felsige Insel liegt wie ein geheimer Garten versteckt in einer geschützten Bucht am nördlichen Ende der Gerlache Strait. Der Name stammt von einem belgischen Astronomen, Charles Planeau, und die französische Präsenz spürt man auch in der kartografischen Geschichte dieser Region. Der natürliche Hafen der Insel ist von beeindruckenden, fast skulptural geformten Eisbergen umgeben, deren Farben vom milchigen Türkis bis ins tiefe Kobaltblau changieren. Ein lebendiges Archiv aus gefrorenem Süßwasser.

Die Kulisse ist dramatisch: dunkle Felsklippen, weiße Schneeflächen, dazwischen die geometrischen Formen des Eises. Alles wirkt wie eine Inszenierung der Natur, als hätte der Maler Caspar David Friedrich eine arktische Vision gehabt. Doch es ist real. Zwischen den Eisgebilden gleiten Gruppen von Pinguinen durchs Wasser, ihre eleganten Bewegungen kontrastieren mit ihrem watschelnden Auftreten an Land. Robben liegen auf Eisschollen und scheinen sich nicht im Geringsten an unserer Präsenz zu stören.

Unser Zodiac schneidet durch das Wasser, jeder Meter bringt uns tiefer in diese stille, fremde Welt. Der Motor ist fast lautlos, nur das Knacken des Eises ist zu hören und plötzlich das dumpfe, nasale Blasen eines Minkwals, der neben uns auftaucht. Für einen Moment stehen Zeit und Bewegung still. Ich sehe zu Lina, die mit offenem Mund das Fernglas sinken lässt. "Ist das echt, Papa?" Ich antworte nicht. Ich lasse sie einfach schauen.


Peterman Island & French Passage

Petermann Island markiert einen symbolischen Endpunkt, geografisch wie historisch. Benannt nach dem deutschen Kartografen August Petermann, wurde sie durch Jean-Baptiste Charcots zweite Antarktis-Expedition mit der „Pourquoi-Pas?“ bekannt, die hier 1909 überwinterte. Eine schlichte Gedenkplakette erinnert an diese wissenschaftliche Pionierleistung in einer Zeit, in der es noch keine satellitengestützte Navigation und keine beheizten Unterkünfte gab. Heute steht sie ein Stück den Elementen abgewandt auf einem Felsplateau. Wer sie sieht, begreift, unter welchen Bedingungen hier einst geforscht wurde.

Die Insel selbst ist Heimat mehrerer Pinguinarten. Auffällig sind die dichten Kolonien von Adélie- und Eselspinguinen. Wir beobachten das geschäftige Treiben beim Nestbau aus kleinen Steinchen, hören das schrille Rufen der Männchen und sehen, wie die Jungen sich mit erstaunlicher Dreistigkeit auch an fremde Eltern wenden in der Hoffnung auf eine Portion vorverdauten Krills. Der Schnee rund um die Kolonien ist rötlich verfärbt. Eine auffällige, fast surreale Farbe, verursacht durch den eisenhaltigen Kot der Tiere. Und dann ist da noch der durchdringende Geruch. Kein Zweifel: Pinguine mögen niedlich sein, aber ihre Kolonien riechen, als hätten sie die Antarktis ganz für sich beansprucht.


Nach dem Abschied von Petermann Island verändert sich die Szenerie erneut. Während das Schiff Kurs auf die French Passage nimmt, wirkt alles noch stiller, noch konturierter. Die French Passage im Anschluss ist eine der engsten, aber eindrucksvollsten Schiffspassagen der gesamten Reise. Zwischen den massiven Felswänden türmen sich Eisberge auf, deren Flanken wie mit Diamanten geschliffen glänzen. Die Fridtjof Nansen manövriert langsam, fast ehrfürchtig, durch das eisige Labyrinth. Die Stille wird nur unterbrochen vom Knirschen des Eises am Rumpf und dem gelegentlichen Knall eines kalbenden Gletschers in der Ferne. Es ist ein Ort, an dem die Natur monumental spricht und der Mensch lernt zu lauschen.

 

Ich stehe mit Lina auf dem Observation Deck, Arm in Arm. Sie flüstert: „Papa, das ist wie in einem anderen Universum.“ Ich kann ihr nur zustimmen. Diese Passage ist mehr als nur ein geografischer Übergang. Sie lässt aus Staunen Ehrfurcht werden.


Paradise Harbour & Neko Harbour

Mittwoch, 12.03.2025

Paradise Harbour, auch unter dem Namen Puerto Paraíso bekannt, ist einer der wenigen Orte auf der Antarktischen Halbinsel, wo sich spektakuläre Natur und historischer Kontext so harmonisch vereinen. Schon die Anfahrt mit dem Zodiac ist ein Erlebnis für sich. Zwischen kolossalen Eisbergen und spiegelglattem Wasser, das so ruhig daliegt wie ein zugefrorener Bergsee im Frühwinter, gleiten wir in die schmale Bucht. Steil aufragende Gletscherwände rahmen das Bild ein. Buckelwale durchbrechen regelmäßig die Oberfläche, um zu fressen. Ihre gewaltigen Körper wirken in dieser Szenerie fast anmutig. Robben liegen zusammengerollt auf Schollen, während Sturmvögel über uns kreisen.

Als wir nahe an den Gletscherfuß heranfahren, hören wir ein entferntes Donnern. Sekunden später kracht eine riesige Eismasse ins Wasser. Die entstehende Welle trifft uns nur sanft, aber der Moment hat Gewicht. Die Antarktis lebt. Und sie zeigt es, wann sie will. Ich sehe, wie Lina die Luft anhält. Ich selbst habe Gänsehaut.

Neko Harbour ist einer der wenigen Plätze, an denen man direkt auf das antarktische Festland steigen darf. Kein Felsvorsprung, keine vorgelagerte Insel, sondern der „echte“ Kontinent unter den Füßen. Schon beim Anlanden sehen wir Pinguine am Ufer, neugierig, unbeeindruckt. Der Weg hinauf ist steil: Pulverschnee, Windböen, ein Anstieg durch eine fast monochrome Landschaft. Ich halte Linas Hand, lasse sie selbst das Tempo bestimmen. Oben angekommen, eröffnet sich ein Blick über den ganzen Hafen, über das Eisfeld bis hinaus aufs offene Meer.

Lina breitet die Arme aus, ihr Gesicht wird vom Licht des späten Nachmittags umrahmt. "Ich fliege!" ruft sie. Für einen Moment scheint alles aufgehoben: die Zeit, die Entfernung, sogar die Kälte. Ich vergesse, ein Foto zu machen. Nicht aus Nachlässigkeit, sondern weil ich spüre, dass dieser Moment auch ohne Linse bleibt.


Wilhelmina Bay: Die Kathedrale der Giganten

Donnerstag, 13.03.2025

Wilhelmina Bay, benannt nach der niederländischen Königin Wilhelmina, ist einer der Hotspots für Walbeobachtung entlang der Antarktischen Halbinsel. Die Bucht ist relativ geschützt, reich an Nährstoffen und berühmt für ihre dichte Krill-Population, das Grundnahrungsmittel vieler antarktischer Tiere. Für Buckelwale ist dies ein All-you-can-eat-Buffet unter freiem Himmel.

Noch vor Sonnenaufgang stehen wir dick eingepackt auf unserem Kabinenbalkon. Die See ist ruhig, aber durchzogen von kleinen Nebelschwaden, die wie Atemzüge über dem Wasser tanzen. Plötzlich ein Blas, dann ein zweiter, ein dritter. Um uns mindestens ein halbes Dutzend Buckelwale. Einige treiben ruhig an der Oberfläche, andere tauchen energisch ab, zeigen ihre mächtige Fluke, verschwinden im stählernen Blau. Einer springt. Nicht mit voller Wucht, eher wie in Zeitlupe. Ein massiger Körper, der mit erstaunlicher Eleganz durch die Luft gleitet, bevor er mit einem donnernden Platschen zurück in die Tiefe stürzt.

Ihre Atemfontänen wirken fast golden im schrägen Licht der antarktischen Sonne. Es ist Natur in ihrem kraftvollsten Ausdruck. Ich habe schon viele Tiere gesehen, aber noch nie solche Würde. 


Raus aus der Komfortzone. Es begann mit einem Satz im Fredheim. Lina hatte sich gerade eine große Portion Pommes bestellt, da sagte sie:

„Papa, wenn du ins eiskalte Wasser springst, dann mach ich auch mit.“

Sie sah mich dabei an wie eine Forscherin, die gerade ihr nächstes Experiment ankündigt. Ich stimmte zu. Ein Handschlag besiegelte den Deal: Wir würden den Polar Plunge wagen.

Lina musste zuvor jedoch noch Hausaufgaben machen, was unter leichtem Protest, aber tapfer erledigt wurde. Anschließend gab es argentinische Hotdogs auf Deck 10, die Sonne zeigte sich noch einmal, aber der Wind nahm bereits zu. In der Explorer Lounge ließen wir die Stimmung treiben, doch draußen kündigte sich bereits ein Wetterwechsel an. Es wurde stürmisch und kalt.

Dann hieß es: Zodiac-Ausbootung zum Polar Plunge. Für einen Moment dachte ich: "Muss das wirklich sein?" Aber der Handschlag zählte.

Ich zog mich um, stand plötzlich in Badehose da. Der Wind auf der nassen Haut war ein Schock. Ich atmete tief durch, dann lief ich los. Die Kälte schneidet durch Haut, Muskeln, Knochen. Adrenalin flutet jede Faser. Ich pruste, lache, stolpere zurück ans Ufer. Ich hörte Linas Stimme rufen, aufgeregt und ungläubig.

Dann kam sie. Noch zögerlich, noch mit dicken Sachen an. Doch sie zog durch. Badeanzug, ohne Stiefel, barfuß im Schnee. Ihre Schritte wurden langsamer, aber sie ging bis zu den Oberschenkeln ins Wasser. „Ich hab's gemacht!“, ruft sie, und ihre Stimme überschlägt sich. Ich bin sprachlos. Nicht der Körper, sondern der Wille zählt. Ich wickle sie in ein Handtuch, sie zittert, strahlt und sagt nur: „Das war verrückt, aber irgendwie gut.“



Orne Habour

Freitag, 14.03.2025

Eine Bucht wie gemalt, wären da nicht Wind, Eis und diese schwere, alles durchdringende Stille. Wir ankern zwischen gezackten Felsgraten und vergletscherten Hängen. Vor uns liegt eine schmale, vereiste Landzunge, darüber zieht sich ein Hang voller Pinguine den Berghang hinauf. Der Aufstieg zum Aussichtspunkt gilt als steil, doch heute bleiben wir an Bord. Die Wetterverhältnisse haben sich verschärft, eine sichere Anlandung ist ausgeschlossen.

Stattdessen beobachten wir das Geschehen vom Schiff aus und sehen mehr, als wir erwartet hätten.

Pinguine ziehen in endlosen kleinen Gruppen durch den Schnee, rutschen bäuchlings talwärts, kämpfen sich schnatternd wieder hinauf. Es ist ein Spiel aus Beharrlichkeit und Komik. In der Ferne taucht ein Wal auf. Kurz, fast beiläufig.

Im ersten Moment wirkt die Entscheidung, nicht an Land zu gehen, enttäuschend. Doch je länger wir schauen, desto klarer wird: Auch das ist Antarktis. Kein dramatisches Spektakel, eher ein stiller Widerstand. Gegen das Wetter und gegen die Bedingungen.

Später, als sich das Wetter beruhigt, dürfen wir doch noch hinaus. Nicht an Land, aber aufs Wasser. Eine Zodiacfahrt zwischen Eisschollen und Schweigen.

Um uns: Pinguine, die pfeilschnell durchs Wasser schießen. Eine Robbe, auf einer Scholle wie hingegossen. Als wir näherkommen, gleitet sie lautlos ins Meer und taucht wenig später wieder auf, ganz gelassen, als hätte sie diesen Moment genau geplant.

Dann erscheinen die Wale. Zwei Buckelwale gleiten neben uns durchs Wasser. So nah, dass wir den Atem anhalten. Ein massiger Körper, eine gewölbte Rückenlinie, dann das langsame Verschwinden in die Tiefe.

 

Kaum zu glauben, dass wir das tatsächlich erlebt haben.


Samstag, 15.03.2025

Deception Island - Vulkan im Nebel

Deception Island. Der Name bedeutet „Täuschung“, und er ist treffend gewählt. Was hier wie eine friedliche, hufeisenförmige Insel aussieht, ist in Wahrheit der eingestürzte Krater eines aktiven Vulkans. Von außen kaum als solcher zu erkennen, bis man durch den schmalen Eingang, genannt Neptune's Bellows, in das Innere der gefluteten Caldera vordringt. Die Einfahrt durch die enge Neptune's Bellows in den gefluteten Kessel ist spektakulär. Drinnen liegt eine düstere, geheimnisvolle Welt aus schwarzem Lavasand, dampfendem Boden und Relikten vergangener Zeiten.

Wir landen bei stürmischem Wind. Der Regen peitscht quer, der Himmel hängt tief, als würde selbst das Wetter hier Geschichte mittragen. Zwischen verfallenen Tanks und Baracken einer norwegisch-britischen Walfangstation, die 1969 von einem Vulkanausbruch heimgesucht wurde, wandern wir durch das, was einst ein blutiger Industrieort war und heute Geisterkulisse. Ich erzähle Lina, dass Deception Island einst ein Zentrum der Walfangindustrie war. Ein Ort, an dem die Tiere an Land gebracht wurden, um ihr wertvolles Öl zu gewinnen. Zwischen den rostenden Tanks und verfallenen Gebäuden versuchen wir uns vorzustellen, wie dieser stille Ort einst vor Aktivität und Lärm vibriert haben muss. Heute steht alles still und erzählt stumm von einer Zeit, in der Natur noch weniger Schutz hatte als heute. Sie sagt nichts, aber ihr Blick wird ernst.

An manchen Stellen steigt Dampf aus dem Boden: Überbleibsel geothermischer Aktivität unter dem Vulkangestein. Wir graben eine kleine Mulde im schwarzen Sand. Warmes Wasser sammelt sich. Ein bizarrer Moment: Schneeflocken im Haar, heiße Finger im Boden. Neben uns Robben, die sich scheinbar ungerührt durch den Sturm schlafen. Ich zücke die Kamera, mache ein paar Fotos. Ganz schön viel Geschichte, aber auch ganz schön viel Gegenwart. Wir steigen wieder ins Zodiac, durchgefroren und voller Eindrücke. 


Rückreise über die Drake

Sonntag, 16.03.2025 & Montag, 17.03.2025

Die Rückfahrt ist wieder ein Tanz mit dem Ozean, kein Spaziergang. Zwei Meter hohe Wellen, ein gleichmäßiges Rollen, das selbst durch die solide Bauweise der Fridtjof Nansen spürbar bleibt. Der Hybridantrieb summt leise unter uns, aber der Ozean übernimmt das Kommando. 

Während draußen die Wellen brechen, finde ich Ruhe in der Explorer Lounge. Der Raum ist gedämpft beleuchtet, die Aussicht nach vorn bleibt eindrucksvoll. Im Science Center erfahre ich noch mehr über die Planktonproben, die während der Reise gesammelt wurden. HX betreibt hier ernsthafte Wissenschaft, und das Science Center der Fridtjof Nansen ist nicht nur ein Lernort, sondern Teil einer größeren Mission: Wissen teilen und aktiv zur Forschung beitragen. Gäste können sich an sogenannten Citizen-Science-Projekten beteiligen – etwa, indem sie Sichtungen von Walen dokumentieren, Mikroplastik im Wasser messen oder Planktonproben unter dem Mikroskop untersuchen. Auch Daten zur Wasserqualität, Vogelzählungen oder die Beobachtung des Meereises werden gesammelt und an Forschungsinstitute weitergeleitet. Das Zentrum ist modern ausgestattet: interaktive Displays erklären geologische Prozesse, historische Expeditionen oder die Besonderheiten des antarktischen Ökosystems. Für mich ist es ein Ort, an dem sich Bildung und Erlebnis auf sinnvolle Weise verbinden.

Zurück im Hafen von Ushuaia. Auf Deck 10 blubbert der Whirlpool, während sich das warme Wasser wie ein Kontrast zur kühlen Luft anfühlt. Die Martial-Berge leuchten in der untergehenden Sonne, ihr Relief wirkt im langen Licht fast plastisch. Unten im Beagle-Kanal jagen Delfine Wellen, elegant und frei. Wir schweigen. Nicht aus Müdigkeit, sondern weil gerade alles gesagt ist. Lina sieht mich an, ihre Haare sind noch nass vom Bad. „Papa, können wir das wieder machen?“ Ich nicke, schaue aufs Wasser und sage: „Ja. Nicht irgendwann. Bald.“

Am Abend findet das große Farewell-Event in der Explorer Lounge statt. Kerzenähnliches Licht, warme Getränke, gedämpfte Musik, die Stimmung ist feierlich, aber nicht aufgesetzt. Wir applaudieren lange für die Crew, das Expeditionsteam und den Kapitän. Es ist ein Moment des Dankes und des Innehaltens. Ich merke, wie bei Lina ein kleiner Abschiedsschmerz aufsteigt. Auch mir geht es so. Während wir uns verabschieden, kommt fast die gesamte Crew noch einmal auf uns zu. Viele nennen Lina beim Namen, reichen ihr die Hand, als wäre sie Teil des Teams gewesen. Aber vielleicht ist genau das das schönste Zeichen: Wir waren nicht nur Gäste. Wir gehörten dazu.


Fazit: Ein Geschenk an uns beide

Ich dachte, ich käme als erfahrener Seefahrer. Ich kehre zurück als Vater, der staunend die Welt mit anderen Augen gesehen hat, mit den Augen seiner Tochter.

Die Antarktis ist nicht bequem und nicht vorhersehbar. Aber sie ist echt. Und sie verlangt einen verlässlichen Partner. Mit HX Expeditions und der Fridtjof Nansen hatten wir genau das: ein modernes, nachhaltiges Schiff, das Komfort nicht über Inszenierung definiert, sondern über das, was wirklich zählt: Sicherheit, Wissen, Achtsamkeit und Nähe zur Natur. Perfekt organisiert und strukturiert. Man spürt, dass hier ein Team arbeitet, das genau weiß, wie man mit Gästen umgeht. Gerade mit Kind an Bord war es ein beruhigendes Gefühl, Teil eines so eingespielten Teams zu sein. Die Crew, das Expeditionsteam, die Guides: Alle hatten nicht nur ein Auge auf die Gäste, sondern vor allem auch ein offenes Ohr für die kleinen Entdecker.

Das, was ich mit Lina teilen durfte, die Ehrfurcht, das Staunen, die Kälte, das Lachen, war eines der Größten, was mir bisher auf See geschenkt wurde. Und das Schiff, auf dem wir diese Erfahrungen sammeln durften, war mehr als nur ein Transportmittel. Es war ein Ort für Expedition und Entdeckung, perfekt abgestimmt auf große und kleine Entdeckerherzen, für Neugier, Vertrauen und gemeinsame Erinnerungen.

Danke, HX. Danke, Lina. Für den Blick zurück. Und nach vorn.

 

Schiff Ahoi,

Timo Clarén



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